.

Kirchengesetz über die
Zusammenarbeit von Kirchengemeinden
(Kooperationsgesetz – KoopG)

vom 11. Juni 2022

(Ges. u. VOBl. Bd. 17 Nr. 12 S. 468)

####
Die 37. ordentliche Landessynode hat auf ihrer Tagung am 10./11. Juni 2022 nachfolgendes Kirchengesetz beschlossen, das hiermit bekanntgegeben wird:
#

Kirchengesetz über
die Zusammenarbeit von Kirchengemeinden
(Kooperationsgesetz – KoopG)

Inhaltsverzeichnis
Grundsatzbestimmungen
Pfarramtliche Verbindung
Kirchengemeindeverband
#

Abschnitt 1
Grundsatzbestimmungen

#

§ 1
Grundsätze und Ziele von Zusammenarbeit

( 1 ) Die Kirchengemeinden in der Landeskirche arbeiten bei der Erfüllung ihrer Aufgaben mit anderen Kirchengemeinden zusammen. Sie prüfen dabei, welche Form der Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse am besten geeignet ist, zur Erfüllung ihrer Aufgaben beizutragen.
( 2 ) Zusammenarbeit soll die an ihr beteiligten Kirchengemeinden in ihrer Arbeit unterstützen. Sie soll insbesondere
  1. die örtliche Identität kirchlicher Arbeit schützen und durch eine gemeinsame, an gemeinsamen Aufgaben der beteiligten Kirchengemeinden entwickelte Identität ergänzen,
  2. neue Möglichkeiten kirchlicher Arbeit eröffnen, die sich in den einzelnen Kirchengemeinden oder auf der Ebene der Klasse nicht in gleicher Weise verwirklichen lassen,
  3. die Erprobung neuer Arbeitsformen fördern,
  4. eine Aufgabenteilung, die gegenseitige Ergänzung und Entlastung und eine Schwerpunktsetzung unter den beteiligten Kirchengemeinden erleichtern,
  5. die Errichtung attraktiver Pfarrstellen fördern, indem sie einen verlässlichen personalen Bezugsrahmen für den ortsbezogenen pfarramtlichen Dienst gewährleistet und gleichzeitig die Möglichkeit eröffnet, diesen durch einen aufgabenorientierten Dienst innerhalb der Region zu ergänzen,
  6. die Begründung attraktiver Beschäftigungsverhältnisse insbesondere im Sekretariats- und Küsterdienst erleichtern,
  7. die Entwicklung neuer Profile beruflicher und ehrenamtlicher Mitarbeit fördern.
( 3 ) Kirchengemeinden können über eine verbindliche Zusammenarbeit Verträge abschließen.
( 4 ) Die Klassen unterstützen und fördern die Zusammenarbeit der Kirchengemeinden. Bei Entscheidungen des Landeskirchenamtes nach diesem Kirchengesetz sind sie als Beteiligte hinzuzuziehen und anzuhören.
#

Abschnitt 2
Pfarramtliche Verbindung

#

§ 2
Allgemeines

( 1 ) Für mehrere Kirchengemeinden kann ein gemeinsames Pfarramt gebildet werden. Innerhalb dieser pfarramtlichen Verbindung sind alle errichteten Pfarrstellen gemeinsame Pfarrstellen der beteiligten Kirchengemeinden. Im Übrigen bleiben die pfarramtlich verbundenen Kirchengemeinden rechtlich und in der Gestaltung ihrer Arbeit selbstständig.
( 2 ) Über die Herstellung und Aufhebung einer pfarramtlichen Verbindung entscheidet die Landessynode.
#

§ 3
Rechtsfolgen der pfarramtlichen Verbindung

( 1 ) Sind mehrere Kirchengemeinden pfarramtlich verbunden, so können sie zu gemeinsamen Beratungen zusammentreten. Über Angelegenheiten, die das gemeinsame Pfarramt betreffen, beschließen sie gemeinsam.
( 2 ) Die Pfarrstelleninhaber sind Mitglied kraft Amtes in den Kirchenvorständen derjenigen Kirchengemeinden, in denen sie eine Pfarrstelle haben.
#

Abschnitt 3
Kirchengemeindeverband

#

§ 4
Allgemeines

( 1 ) Zur dauernden gemeinsamen Wahrnehmung einer einzelnen Aufgabe oder mehrerer Aufgaben der beteiligten Kirchengemeinden kann ein Kirchengemeindeverband gebildet werden. Die Aufgaben des Kirchengemeindeverbandes können sich erstrecken auf Aufgaben, die nach Maßgabe der Verfassung der Lippischen Landeskirche in die Zuständigkeit des Kirchenvorstandes gehören.
( 2 ) Im Übrigen bleiben die beteiligten Kirchengemeinden rechtlich und in der Gestaltung ihrer Arbeit selbstständig.
( 3 ) Der Kirchengemeindeverband ist Körperschaft des Kirchenrechts. Er ist nach staatlichem Recht zugleich Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die allgemeinen Bestimmungen der Verfassung der Lippischen Landeskirche über die rechtliche Stellung der Kirchengemeinde gelten für den Kirchengemeindeverband entsprechend.
( 4 ) Für die Dienst- und Beschäftigungsverhältnisse der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Kirchengemeindeverbandes, für die Verwaltung seines Vermögens sowie für die Aufsicht über den Kirchengemeindeverband gelten die jeweiligen Bestimmungen der Verwaltungsordnung entsprechend.
#

§ 5
Errichtung, Aufhebung und Änderung

( 1 ) Kirchengemeindeverbände werden vom Landeskirchenrat auf Antrag der beteiligten Kirchengemeinden errichtet, aufgehoben oder anders begrenzt. Dabei können auch die erforderlichen vermögensrechtlichen Regelungen einschließlich der Übertragung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten getroffen werden. Die Übertragung hat dingliche Wirkung. Sie wird mit Inkrafttreten der Anordnung nach Satz 1 vollzogen.
( 2 ) Über die Errichtung, Aufhebung oder Änderung nach Absatz 1 ist eine Urkunde auszustellen. Aus der Urkunde muss der Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Anordnung nach Absatz 1 hervorgehen. Werden im Rahmen einer Anordnung nach Absatz 1 Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte übertragen, so sind in der Urkunde die betroffenen Grundstücke oder grundstücksgleichen Rechte mit Grundbuch- und Katasterbezeichnungen anzugeben.
( 3 ) Sind an einem Kirchengemeindeverband Kirchengemeinden aus mehreren Klassen beteiligt, so bestimmt das Landeskirchenamt in der Urkunde nach Absatz 2 die Klasse, der die Aufsicht über den Kirchengemeindeverband führt.
( 4 ) Die Urkunde nach Absatz 2 ist im Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen. Bei der Errichtung eines Kirchengemeindeverbandes sind neben der Errichtungsurkunde auch die Satzung und der Vermerk über die Genehmigung der Satzung zu veröffentlichen.
#

§ 6
Satzung

( 1 ) Der Kirchengemeindeverband muss eine Satzung haben. Sie wird vor der Errichtung von den Kirchenvorständen der beteiligten Kirchengemeinden beschlossen und bedarf der Genehmigung durch das Landeskirchenamt.
( 2 ) Die Satzung muss mindestens bestimmen
  1. den Namen und den Sitz des Kirchengemeindeverbandes,
  2. die beteiligten Kirchengemeinden,
  3. die Zahl der zu wählenden ordinierten und nicht ordinierten Mitglieder des Verbandsvorstandes und ihre Verteilung auf die beteiligten Kirchengemeinden,
  4. die Aufgaben des Kirchengemeindeverbandes,
  5. die Finanzierung der Aufwendungen, insbesondere den Maßstab, nach dem die beteiligten Kirchengemeinden zur Deckung des Bedarfs beizutragen haben,
  6. die Abwicklung im Fall der Auflösung des Kirchengemeindeverbandes und des Ausscheidens einer Kirchengemeinde.
( 3 ) Die Satzung kann ferner vorsehen,
  1. dass der Kirchengemeindeverband an Stelle der beteiligten Kirchengemeinden Empfänger der Zuweisung der Landeskirche ist,
  2. dass für den Kirchengemeindeverband und die beteiligten Kirchengemeinden ein gemeinsamer Haushaltsplan aufzustellen und auszuführen ist,
( 4 ) Der Verbandsvorstand kann die Satzung mit einer Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen seiner satzungsmäßigen Mitglieder ändern. Die Änderung bedarf der Genehmigung durch das Landeskirchenamt. Änderungen, die die Zusammensetzung des Verbandsvorstandes oder die Aufgaben des Kirchengemeindeverbandes betreffen, bedürfen darüber hinaus der Zustimmung durch die beteiligten Kirchengemeinden. Die Satzung kann im Übrigen vorsehen, dass bestimmte Maßnahmen, die für die einzelne Kirchengemeinde von grundlegender Bedeutung sind, nur im Einvernehmen mit dieser getroffen werden können.
( 5 ) Satzungsänderungen und der Vermerk über ihre Genehmigung sind im Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen.
( 6 ) Im Fall der Ein- oder Ausgliederung einzelner Kirchengemeinden wird die Satzung von Amts wegen berichtigt.
#

§ 7
Verbandsvorstand

( 1 ) Der Kirchengemeindeverband muss einen Verbandsvorstand haben.
( 2 ) Die Mitglieder des Verbandsvorstandes werden von den Kirchenvorständen der beteiligten Kirchengemeinden jeweils aus ihrer Mitte gewählt. Die Satzung kann vorsehen, dass für jedes gewählte Mitglied ein stellvertretendes Mitglied zu wählen ist. Ein gewähltes Mitglied scheidet aus dem Verbandsvorstand aus, wenn es aus dem Kirchenvorstand ausscheidet, aus dem es gewählt worden ist.
( 3 ) Die Satzung kann vorsehen, dass der Verbandsvorstand weitere Mitglieder bis zu einem Drittel der Gesamtzahl hinzuberuft. Sie kann auch vorsehen, dass für jedes berufene Mitglied ein stellvertretendes Mitglied zu berufen ist. Die Zahl der zu berufenden Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder ist in der Satzung festzulegen. Die zu Berufenden müssen die Voraussetzungen für die Mitgliedschaft in einem Kirchenvorstand der Klasse erfüllen, dem ihre Kirchengemeinde angehört.
( 4 ) Der Verbandsvorstand wird jeweils innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Neubildung der Kirchenvorstände neu gebildet. Der bisherige Verbandsvorstand bleibt im Amt, bis die Wahl der Mitglieder des neuen Verbandsvorstandes abgeschlossen ist.
( 5 ) Jeder Kirchenvorstand kann den von ihm gewählten Mitgliedern des Verbandsvorstandes Weisungen erteilen. Die Weisungsbefugnis gilt nicht für Wahlen.
( 6 ) Soweit die Satzung keine abweichenden Regelungen trifft, gelten für die Tätigkeit des Verbandsvorstandes ergänzend die Bestimmungen über die Tätigkeit eines Kirchenvorstandes.
#

§ 8
Vorsitz im Verbandsvorstand

( 1 ) 1Der oder die Vorsitzende und der oder die stellvertretende Vorsitzende werden vom Verbandsvorstand aus seiner Mitte gewählt. 2Für die Wahlen, für die Amtszeit der Gewählten und für die Geschäftsführung gelten die Vorschriften der Verfassung über den Vorsitz im Kirchenvorstand entsprechend.
( 2 ) Die erste Sitzung des neu gebildeten Verbandsvorstandes wird von dem ältesten Mitglied des Verbandsvorstandes einberufen und bis zum Abschluss der Wahl der oder des Vorsitzenden geleitet.
#

§ 9
Vertretung des Kirchengemeindeverbandes

Der Verbandsvorstand vertritt den Kirchengemeindeverband. Im Übrigen gelten für die Vertretung die Bestimmungen der Verfassung über die Vertretung einer Kirchengemeinde durch den Kirchenvorstand entsprechend.
#

§ 10
Dienst der Pfarrerinnen und Pfarrer

Soweit der Kirchengemeindeverband Aufgaben wahrnimmt, die in die Zuständigkeit des Pfarramtes gehören, kann die Satzung vorsehen, dass einzelne pfarramtliche Aufgaben unabhängig von den Grenzen der beteiligten Kirchengemeinden wahrgenommen werden.
#

§ 11
Schiedsklausel

( 1 ) Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kirchengemeindeverband und den beteiligten Kirchengemeinden sowie unter den beteiligten Kirchengemeinden über Rechte und Pflichten aus der Zusammenarbeit entscheidet das Landeskirchenamt.
( 2 ) Gegen die Entscheidung nach Absatz 1 ist innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Entscheidung die Beschwerde an den Landeskirchenrat zulässig.
#

§ 12
Inkrafttreten und Evaluierung

( 1 ) Dieses Gesetz tritt am 1. September 2022 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig wird das Kirchengesetz zur Übernahme des Kirchengesetzes über die Zusammenarbeit von Kirchengemeinden und Kirchenkreisen in gemeinsamen Angelegenheiten und die Errichtung von Verbänden (Verbandsgesetz) der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 28. November 2006 außer Kraft gesetzt.
( 3 ) Fünf Jahre nach Inkrafttreten ist dieses Gesetz zu evaluieren.