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Geltungszeitraum von: 22.11.1985

Geltungszeitraum bis: 31.12.2012

Kirchengesetz

über die Ausbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer
in der Lippischen Landeskirche
– Pfarrerausbildungsgesetz –

vom 22. November 1985

(Ges. u. VOBl. Bd. 3 S. 128)
zuletzt geändert durch
(Ges. u. VOBl. Bd. 15 S. 95)

Inhaltsverzeichnis


Die 28. ordentliche Landessynode hat in ihrer Sitzung am 22. November 1985 das folgende Kirchengesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
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I. Grundlegende Bestimmung

Das Pfarramt ist ein geistliches Amt, das auf dem der Kirche von ihrem Herrn gegebenen Auftrag zur Verkündigung des Wortes Gottes und zur Verwaltung der Sakramente beruht. Zurüstung und Berufung haben ihre Voraussetzungen in der Zusage des Herrn: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und werdet meine Zeugen sein.“ (Apg. 1, 8)
Aus dieser Verheißung entspringt die Verpflichtung, dass der Dienst des Pfarrers gegründet sein muss im Gehorsam des Glaubens an Jesus Christus, wie die Heilige Schrift ihn bezeugt.
Darum erwartet die Kirche von allen, die sich auf dieses Amt vorbereiten, dass sie ihr Leben unter dem Wort Gottes in lebendiger Verbindung mit der Gemeinde führen.
Von dieser Grundlage her will das folgende Gesetz in seinen Regelungen verstanden sein.
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II. Allgemeine Bestimmungen

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§ 1
Ausbildungsgänge

( 1 ) Die Ausbildung für den Dienst des Pfarrers in der Lippischen Landeskirche geschieht in einer theologisch-wissenschaftlichen und einer praktischen Ausbildung und wird durch die Ablegung der Ersten und Zweiten theologischen Prüfungen (pro facultate concionandi – pro ministerio) abgeschlossen.
( 2 ) Gemeindeglieder mit einer abgeschlossenen nichttheologischen Hochschulbildung, die für ein Pfarramt geeignet erscheinen, können vom Landeskirchenrat nach einer angemessenen theologischen Zurüstung zur Zweiten theologischen Prüfung zugelassen werden.
Vor der Zulassung zur Zweiten theologischen Prüfung ist die Theologische Prüfungskommission zu hören.
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§ 2
Durchführung der theologischen Prüfungen

Die Prüfungen werden durch die Theologische Prüfungskommission abgenommen.
Die Zusammensetzung der Theologischen Prüfungskommission und die Durchführung der beiden theologischen Prüfungen werden vom Landeskirchenrat durch eine besondere Prüfungsordnung geregelt.
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III. Theologisches Studium und Erste theologische Prüfung

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§ 3
Theologisches Studium

( 1 ) Zur Ersten theologischen Prüfung kann zugelassen werden, wer ein ordnungsgemäßes Studium der evangelischen Theologie an einer wissenschaftlichen Hochschule von mindestens acht Semestern, davon sechs Semester nach Ablegung der letzten Sprachenprüfung, nachweist. Als Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule gilt das Studium an dem evangelischtheologischen Fachbereich einer deutschen Hochschule, an einer evangelisch-kirchlichen Hochschule oder an einer anderen von dem Landeskirchenrat als geeignet anerkannten vergleichbaren Hochschuleinrichtung.1#
( 2 ) Die Zulassung zur Prüfung setzt den Nachweis ausreichender Kenntnisse in der hebräischen, griechischen und lateinischen Sprache voraus.
( 3 ) Für die Meldung zur Ersten theologischen Prüfung ist der Nachweis eines mindestens achtwöchigen Praktikums in einer Kirchengemeinde, in der Diakonie oder in der Arbeitswelt zu erbringen, wovon mindestens vier Wochen auf ein Gemeindepraktikum entfallen müssen. In begründeten Ausnahmefällen kann das Landeskirchenamt auf Antrag von dem Erfordernis des Nachweises eines Gemeindepraktikums befreien.
Die erforderlichen Bestimmungen zur Einrichtung, Durchführung und Dauer des Praktikums werden vom Landeskirchenrat erlassen.
( 4 ) Das Landeskirchenamt kann, insbesondere aus Rücksicht auf einen sonstigen wissenschaftlichen Bildungsgang, von den vorgeschriebenen Studienzeiten einen angemessenen Teil erlassen.
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§ 4
Aufnahme in die „Liste der Studenten der Theologie“

( 1 ) Theologiestudenten, die ihren Wohnsitz im Bereich der Lippischen Landeskirche haben und die beabsichtigen, in deren Dienst zu treten, sollen bei Beginn ihres Studiums die Aufnahme in die „Liste der Studenten der Theologie“ bei dem Landeskirchenamt beantragen und folgende Unterlagen einreichen:
  1. Handgeschriebener Lebenslauf einschl. Lichtbild
  2. Pfarramtliches Zeugnis des zuständigen Gemeindepfarrers im verschlossenen Umschlag
  3. Beglaubigte Kopie des Reifezeugnisses
  4. Beglaubigte Kopie der Immatrikulationsbescheinigung
  5. Eine Darlegung der Gründe, die den Antragsteller veranlasst haben, das Studium der Theologie aufzunehmen.
Sie stellen sich ferner zu einem persönlichen Gespräch dem Landessuperintendenten und, sofern sie lutherischen Bekenntnisses sind, dem Superintendenten der luth. Klasse vor.
Das Landeskirchenamt entscheidet danach über die Eintragung in die „Liste der Studenten der Theologie“.
( 2 ) Mit der Eintragung in die „Liste der Studenten der Theologie“ wird kein Rechts-, sondern nur ein Beratungsverhältnis mit der Lippischen Landeskirche begründet.
Die Studenten sind verpflichtet, an Beratungsgesprächen und an einer der jährlich stattfindenden landeskirchlichen Tagungen für Theologiestudenten teilzunehmen.
Die Studenten sollen während ihres Theologiestudiums möglichst auch den Kontakt zu ihrer Kirchengemeinde, zu ihrem Gemeindepfarrer und dem zuständigen Superintendenten halten.
( 3 ) Der Landessuperintendent soll sich der Studenten der Theologie beratend und fördernd annehmen.
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§ 5
Meldung zur Ersten theologischen Prüfung

Die Meldung zur Ersten theologischen Prüfung ist frühestens nach Ablauf der in § 3 festgesetzten Studienzeit zulässig. Über die Zulassung entscheidet das Landeskirchenamt.
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§ 6
Erste theologische Prüfung

( 1 ) In der Ersten theologischen Prüfung wird festgestellt, ob der Prüfling sich die notwendigen Kenntnisse in den einzelnen Disziplinen erworben hat und die Fähigkeit zeigt, selbstständig theologisch zu arbeiten.
( 2 ) Die Theologische Prüfungskommission legt dem Landeskirchenrat das Ergebnis der Ersten theologischen Prüfung vor. Danach übersendet das Landeskirchenamt den Prüflingen den Bescheid über das Ergebnis der Prüfung. Prüflinge, die das Examen bestanden haben, erhalten ein Zeugnis mit den Noten der einzelnen Prüfungsfächer und dem Gesamtergebnis der Prüfung. Prüflinge, die das Examen nicht bzw. noch nicht bestanden haben, erhalten eine Notenübersicht.
( 3 ) Wird die Prüfung nicht bestanden, so kann sie einmal wiederholt werden. Die Wiederholungsprüfung darf nicht früher als ein halbes Jahr und soll nicht später als zwei Jahre nach der vorangegangenen Prüfung liegen. In begründeten Ausnahmefällen kann der Landeskirchenrat nach Anhörung der Prüfungskommission eine zweite Wiederholungsprüfung zulassen.
( 4 ) Wenn die Prüfungskommission Bedenken hinsichtlich der Eignung des Prüflings für den kirchlichen Vorbereitungsdienst hat, so teilt sie dies dem Landeskirchenrat mit.
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IV. Vorbereitungsdienst und Zweite theologische Prüfung

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§ 7
Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst

( 1 ) Studenten, die ihre Erste theologische Prüfung bestanden haben, können durch Beschluss des Landeskirchenamtes in den kirchlichen Vorbereitungsdienst aufgenommen und zum Vikar berufen werden.
Die Bewerber müssen
  1. vollberechtigtes Glied einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland und
  2. gesundheitlich für die Ableistung des Vorbereitungsdienstes geeignet sein.
Die Vikare werden in der „Liste der Kandidaten der Theologie“ geführt.
( 2 ) Wer in einer anderen Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland die Erste theologische Prüfung abgelegt hat und im Übrigen die Voraussetzungen nach Abs. 1 erfüllt, kann im Benehmen mit dieser Gliedkirche in den Vorbereitungsdienst aufgenommen werden. Studenten, die eine der Ersten theologischen Prüfung gleichwertige theologische Hochschulprüfung abgelegt haben, können in den Vorbereitungsdienst aufgenommen werden. In beiden Fällen ist eine Übernahme in den Vorbereitungsdienst nur möglich, wenn das abgelegte Erste theologische Examen den Anforderungen nach diesem Kirchengesetz und der dazu erlassenen Prüfungsordnung entspricht.
( 3 ) Der Antrag auf Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst muss innerhalb von 2 Jahren nach dem Bestehen der Ersten theologischen Prüfung oder der vergleichbaren Prüfung gestellt werden. Das Landeskirchenamt kann Ausnahmen zulassen. Es kann dabei die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst von dem Ergebnis eines Kolloquiums abhängig machen.
( 4 ) Der Landeskirchenrat kann Richtlinien für die Aufnahme in den kirchlichen Vorbereitungsdienst bei nicht ausreichender Zahl der Ausbildungsplätze erlassen.
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§ 8
Öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis

( 1 ) Der Vikar steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auf Widerruf.
( 2 ) Das Dienstverhältnis wird durch die Aushändigung der Berufungsurkunde begründet. Die Berufung wird mit dem Tage der Aushändigung der Urkunde wirksam, es sei denn, dass darin ein späterer Tag bestimmt ist. Eine Berufung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt ist unzulässig und insoweit unwirksam.
( 3 ) Die Berufungsurkunde muss außer dem Namen, dem Geburtsdatum und dem Geburtsort die ausdrückliche Erklärung enthalten, dass der Berufene in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis auf Widerruf und zum Vikar berufen wird.
( 4 ) Im Übrigen finden auf die Berufung die §§ 21 - 23 Pfarrdienstgesetz der EKD Anwendung.
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§ 9
Privat-rechtliches Dienstverhältnis

Aus besonderen Gründen kann im Einzelfall der Vorbereitungsdienst in einem privat-rechtlichen Dienstverhältnis abgeleistet werden. Dabei kann der Landeskirchenrat von dem Vorliegen einzelner Berufungsvoraussetzungen absehen. Im Dienstvertrag sollen die den Dienst des Vikars betreffenden Bestimmungen des kirchlichen Rechts, insbesondere dieses Kirchengesetzes, für sinngemäß anwendbar erklärt werden, soweit sie nicht das Bestehen eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zwingend voraussetzen.
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§ 10
Verpflichtung

Vikare werden innerhalb einer Frist von einem Monat nach erfolgter Berufung auf die gewissenhafte Einhaltung der kirchlichen Ordnungen und die Erfüllung ihrer Obliegenheiten verpflichtet.2#
Über die Verpflichtung, die durch den Landessuperintendenten oder den lutherischen Kirchenrat in Gegenwart des juristischen Kirchenrates zu erfolgen hat, ist eine Niederschrift aufzunehmen.
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§ 11
Vorbereitungsdienst

( 1 ) Der Vorbereitungsdienst dauert einschließlich der Vorbereitungszeit auf das Zweite theologische Examen mindestens 2 Jahre und 6 Monate, sofern der Landeskirchenrat ihn nicht in begründeten Ausnahmefällen auf Antrag verkürzt.
In begründeten Einzelfällen kann der Vorbereitungsdienst auf Antrag zur Ableistung eines diakonischen, ökumenisch-missionarischen oder wissenschaftlichen Dienstes im In- oder Ausland über den in Absatz 1 bezeichneten Punkt hinaus um höchstens ein Jahr verlängert werden.
Der Vorbereitungsdienst wird in der Regel im Gemeindevikariat, im Schulvikariat und im Predigerseminar durchgeführt. Einzelheiten der praktischen Ausbildung regelt das Landeskirchenamt.
( 2 ) Die Ausbildung hat die Aufgabe, den Vikar in allen Aufgaben des pfarramtlichen Dienstes einzuführen und ihn persönlich zu fördern. Für die Dauer des Vorbereitungsdienstes erhält der Vikar Erlaubnis und Auftrag, im Rahmen seiner Ausbildung unter Anleitung und Verantwortung des Mentors bzw. Leiters des Predigerseminars zu predigen, bei Taufe und Abendmahl mitzuwirken, zu unterrichten, Amtshandlungen vorzunehmen und Seelsorge zu üben (licentia concionandi).
( 3 ) Das Landeskirchenamt kann im Einvernehmen mit den zuständigen Stellen den Vikar auch in ein Vikariat in einer anderen Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschland oder in einer ihr angeschlossenen Auslandsgemeinde einweisen.
( 4 ) In besonderen Fällen kann das Landeskirchenamt den Vikar in einen diakonischen, ökumenisch-missionarischen oder wissenschaftlichen Dienst im In- oder Ausland einweisen.
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§ 12
Gemeindevikariat

( 1 ) Für die Zeit des Gemeindevikariats wird der Vikar einem in der Gemeindearbeit erfahrenen Pfarrer (Mentor) zugewiesen, der ihn in die verschiedenen Aufgaben der pfarramtlichen Tätigkeit einführt.
( 2 ) Der Vikar wird von dem Mentor durch Hospitation, durch Beteiligung am pfarramtlichen Dienst und durch Übertragung von selbstständigen Aufgaben mit den Diensten eines Pfarrers vertraut gemacht. Der Mentor fördert den Vikar in seiner theologischen Weiterbildung. Der Vikar soll zu den Sitzungen des Kirchenvorstandes hinzugezogen werden.
( 3 ) Der Vikar hat an einem Kursus zur Einführung in das Kirchenrecht und die kirchliche Verwaltung teilzunehmen.
( 4 ) Nach Beendigung des Gemeindevikariats erstattet der Mentor dem Landeskirchenamt einen schriftlichen Bericht über die Tätigkeit und Eignung des Vikars.
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§ 13
Schulvikariat

( 1 ) Während des Schulvikariates soll der Vikar seine Kenntnisse in Pädagogik und Katechetik praktisch und wissenschaftlich erweitern und vertiefen.
( 2 ) Das Schulvikariat beträgt in der Regel 3 Monate. Für die Zeit des Praktikums wird der Vikar einem pädagogischen Mentor zugewiesen.
( 3 ) Nach Beendigung des Schulvikariates hat der Vikar über diesen Ausbildungsabschnitt einen ausführlichen Bericht zu schreiben, der erkennen lässt, wie er sich mit den Problemen des Unterrichtes und mit seinen Teil-Aufgaben vertraut gemacht hat. Dieser Bericht ist dem Landeskirchenamt durch den Mentor zu überreichen, der eine Beurteilung über den Vikar beifügt.
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§ 14
Predigerseminar

( 1 ) Das Predigerseminar hat die Aufgabe,
  • die Gemeinschaft der Vikare untereinander und mit den Lehrern des Seminars in Gebet und Arbeit als Gemeinschaft unter dem Wort einzuüben,
  • die theologische Erkenntnis der Vikare zu fördern,
  • das Verständnis für die Gegenwartsaufgaben der Einzelgemeinden, der Gesamtkirche und der Ökumene zu vertiefen,
  • die Vikare, soweit als möglich, in Verbindung mit den am Seminarort bestehenden Gemeinden in praktischer Betätigung anzuleiten.
( 2 ) Die Einweisung in das Predigerseminar erfolgt im Einvernehmen mit dem zuständigen Studiendirektor durch das Landeskirchenamt. Für die Kandidaten reformierten Bekenntnisses kommt in erster Linie das »Predigerseminar in Elberfeld« in Frage. Die Kandidaten lutherischen Bekenntnisses werden durch das Landeskirchenamt im Einvernehmen mit dem lutherischen Superintendenten in ein Predigerseminar eingewiesen.
( 3 ) Der Leiter des Predigerseminars erstattet dem Landeskirchenamt nach Beendigung der Ausbildung eine eingehende Beurteilung über den Vikar. Diese Beurteilung muss vor allem Aufschluss über die charakterliche Haltung und über die wissenschaftliche Befähigung des Vikars geben sowie über die Eignung für die Versorgung des Pfarramtes.
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§ 15
Anleitung und Beratung der Vikare

( 1 ) Die Anleitung und Beratung des Vikars erstreckt sich auf seine wissenschaftliche und praktische Weiterbildung sowie auf die Lebensführung. Hierbei tragen der Landessuperintendent und die Superintendenten eine besondere Verantwortung.
( 2 ) Der Vikar ist verpflichtet, die ihm übertragenen Aufgaben sorgfältig zu erledigen.
( 3 ) Der Vikar hat in der Zeit, während der er nicht im Predigerseminar ist,
  1. auf Aufforderung des Landeskirchenamtes an den landeskirchlichen Tagungen für Vikare teilzunehmen,
  2. auch auf Aufforderung des zuständigen Superintendenten in dessen Gegenwart zu predigen und zu unterrichten,
  3. auf Einladung des zuständigen Superintendenten an den Beratungen des Klassentages und an den Pfarrkonventen der Klasse als Gast teilzunehmen.
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§ 16
Dienstaufsicht

( 1 ) Der Vikar untersteht der allgemeinen Dienstaufsicht des Landeskirchenamtes.
( 2 ) Über den Vikar führt die besondere Dienstaufsicht
  1. während des Gemeindevikariats und des Schulvikariats der Superintendent, in dessen Klasse er das Gemeindevikariat absolviert,
  2. während des Seminaraufenthaltes der Leiter des Predigerseminars.
( 3 ) In allen anderen Fällen regelt das Landeskirchenamt die besondere Dienstaufsicht.
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§ 17
Vernachlässigung der Ausbildung

( 1 ) Einem Vikar, der seine wissenschaftliche oder praktische Ausbildung vernachlässigt, ein für einen künftigen Diener der Kirche unwürdiges Verhalten zeigt oder sich der kirchlichen Aufsicht nicht fügt, ist in milderen Fällen eine Mahnung zu erteilen. Sie wird von demjenigen erteilt, der die besondere Dienstaufsicht führt (§ 16 Abs. 2 und 3). Sie kann auch vom Landeskirchenamt erteilt werden.
( 2 ) In schwereren Fällen ist der Vikar mit einem Verweis zu belegen. Der Verweis wird durch das Landeskirchenamt ausgesprochen. Der Verweis ist schriftlich zu begründen, zuzustellen und zur Personalakte zu nehmen.
( 3 ) Der Vikar ist in allen Fällen zuvor zu hören.
( 4 ) Gegen den Verweis kann beim Landeskirchenrat innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Zustellung Rechtsmittel eingelegt werden.
( 5 ) Ein besonders schwerer Fall eines Verhaltens im Sinne der Absätze 1 und 2 oder die Erteilung eines zweiten Verweises kann zur Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst berechtigen (§ 22 Abs. 2 Buchst. d).
( 6 ) Beharrliche und öffentliche Leugnung der in der Landeskirche geltenden Bekenntnisgrundlagen können ebenfalls zur Entlassung führen.
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§ 18
Meldung zur Zweiten theologischen Prüfung

( 1 ) Die Meldung zur Zweiten theologischen Prüfung ist frühestens 2 Jahre und spätestens 4 Jahre nach Ablegung der Ersten theologischen Prüfung zulässig, sofern nicht das Landeskirchenamt in begründeten Ausnahmefällen die Frist auf Antrag verlängert. Dieser Antrag muss vor Ablauf der 4-Jahres-Frist gestellt sein.
( 2 ) Über die Zulassung zur Zweiten theologischen Prüfung entscheidet das Landeskirchenamt. Ein Vikar, der seine Meldung nicht innerhalb von 4 Jahren nach der bestandenen Ersten theologischen Prüfung abgegeben und einer Erinnerung durch das Landeskirchenamt innerhalb eines halben Jahres nicht Folge geleistet hat, kann aus dem Vorbereitungsdienst entlassen werden.
( 3 ) Kandidaten der Theologie aus einer anderen, der Evangelischen Kirche in Deutschland angehörenden Gliedkirche, können mit deren Zustimmung zur Zweiten theologischen Prüfung zugelassen werden, wenn sie eine diesem Gesetz entsprechende wissenschaftliche und praktische Vorbildung nachweisen.
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§ 19
Zweite theologische Prüfung

( 1 ) In der Zweiten theologischen Prüfung wird festgestellt, ob der Prüfling sich die für den Dienst in der Kirche erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten angeeignet hat. Dieser Nachweis setzt die Erweiterung der im Ersten theologischen Examen nachgewiesenen wissenschaftlichen Befähigung durch die im praktischen Vollzug der Vikarausbildung zusätzlich erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten voraus.
( 2 ) Die Theologische Prüfungskommission legt dem Landeskirchenrat das Ergebnis der Zweiten theologischen Prüfung vor. Danach übersendet das Landeskirchenamt den Prüflingen den Bescheid über das Ergebnis der Prüfung.
Prüflinge, die das Examen bestanden haben, erhalten ein Zeugnis mit den Noten der einzelnen Prüfungsfächer und mit dem Gesamtergebnis der Prüfung.
Prüflinge, die das Examen nicht bzw. noch nicht bestanden haben, erhalten eine Notenübersicht.
( 3 ) Wird die Prüfung nicht bestanden, so kann sie einmal wiederholt werden. Die Wiederholungsprüfung darf nicht früher als ein halbes Jahr und soll nicht später als zwei Jahre nach der vorangegangenen Prüfung liegen. In begründeten Ausnahmefällen kann der Landeskirchenrat nach Anhörung der Prüfungskommission eine zweite Wiederholungsprüfung zulassen.
( 4 ) Wenn die Prüfungskommission Bedenken hinsichtlich der Eignung des Kandidaten für den Probedienst hat, so teilt sie dies dem Landeskirchenrat mit. Das Landeskirchenamt verfügt die Aufnahme der von der Theologischen Prüfungskommission geprüften Kandidaten der Theologie in die Liste der Kandidaten des Pfarramtes.
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§ 20
Beendigung des Dienstverhältnisses

Das Dienstverhältnis des Vikars endet außer durch Tod durch:
Beendigung aufgrund einer Prüfingsentscheidung (§ 21),
Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst (§ 22),
Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst (§ 23).
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§ 21
Beendigung aufgrund einer Prüfungsentscheidung

Das Dienstverhältnis endet, sofern nicht zu einem früheren Zeitpunkt ein anderes Dienstverhältnis begründet wird, mit Ablauf des Monats, in dem dem Vikar schriftlich mitgeteilt wird, dass er die Zweite theologische Prüfung bestanden hat oder ihm nach einem Nichtbestehen der Zweiten theologischen Prüfung schriftlich mitgeteilt wird, dass er zu einer Wiederholung der Prüfung nicht zugelassen wird.
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§ 22
Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst

( 1 ) Der Vikar kann jederzeit seine Entlassung aus dem Dienst verlangen. Das Verlangen ist auf dem Dienstwege schriftlich zu erklären; es kann zurückgenommen werden, solange die Entlassungsverfügung dem Antragsteller noch nicht zugestellt worden ist.
( 2 ) Der Landeskirchenrat kann den Vikar jederzeit durch Widerruf entlassen, wenn
  1. die Voraussetzungen für die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst gem. § 7 (1) b weggefallen sind,
  2. sich erweist, dass er den Anforderungen des pfarramtlichen Dienstes nicht gerecht wird,
  3. er sich nicht innerhalb einer vorgeschriebenen oder auf Antrag verlängerten Frist zur Zweiten theologischen Prüfung gemeldet hat oder
  4. ein besonders schwerer Fall eines Verhaltens im Sinn von § 17 vorliegt oder bereits zwei Verweise erteilt waren.
( 3 ) Vor der Entscheidung über die Entlassung sind der Vikar, der Mentor, der Superintendent und der Leiter des Predigerseminars zu hören. Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen und dem Vikar zuzustellen. Die Entscheidung über die Beschwerde unterliegt der kirchengerichtlichen Nachprüfung nach dem Kirchengesetz über die gemeinsame Verwaltungsgerichtsbarkeit.
( 4 ) Über die Entlassung erhält der Vikar eine Urkunde, die den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses enthalten muss.
( 5 ) Eine erneute Aufnahme in den Vorbereitungsdienst ist möglich, wenn die Gründe, die zur Entlassung geführt haben, weggefallen sind, in den Fällen des Absatzes 2 Buchst. d) jedoch frühestens ein Jahr nach dem Wirksamwerden der Entlassungsentscheidung.
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§ 23
Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst

Der Vikar scheidet aus dem Vorbereitungsdienst aus, wenn er aus der Kirche austritt oder einer anderen Religionsgemeinschaft beitritt. 㤤 97 Abs. 1 Nr. 1 und 101 Abs. 4 Pfarrdienstgesetz der EKD finden entsprechende Anwendung.
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§ 24
Folgen der Beendigung des Vorbereitungsdienstes

Mit der Beendigung des Vorbereitungsdienstes erlöschen alle damit verbundenen Rechte und Anwartschaften i. S. der § 101 Abs. 2 Pfarrdienstgesetz der EKD sowie alle Pflichten mit Ausnahme der Verpflichtung zur Verschwiegenheit und des Anspruchs auf Unfallfürsorge.
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V. Besondere Bestimmungen

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§ 25
Eheschließung

Die beabsichtigte und erfolgte Eheschließung ist dem Landessuperintendenten mitzuteilen.
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§ 26
Fürsorge

Der Vikar erhält Bezüge, Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen und Unfallfürsorge nach Maßgabe der landeskirchlichen Bestimmungen.
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§ 27
Erholungsurlaub

Der Vikar hat während des Vorbereitungsdienstes Anrecht auf einen jährlichen Erholungsurlaub nach Maßgabe des landeskirchlichen Rechts.
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§ 28
Ausbildungsfremde Tätigkeiten

Will ein Vikar sich zeitweilig einer anderen Ausbildung oder Tätigkeit widmen, so bedarf er dazu eines vom Landeskirchenamt bewilligten Urlaubs.
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§ 29
Besondere Vorschriften für die Führung des Dienstes

Soweit sich aus diesem Gesetz nicht etwas anderes ergibt, finden auf die dienstrechtlichen Verhältnisse der Vikare die Vorschriften des Pfarrdienstgesetzes sinngemäße Anwendung.3#
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VI. Änderung des Pfarrdienstgesetzes, des Hilfsdienstgesetzes und des Gemeindepfarrstellenbesetzungsgesetzes

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§ 304#
Änderung des Pfarrdienstgesetzes

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§ 31
Änderung des Hilfsdienstgesetzes

.....
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§ 32
Änderung des Gemeindepfarrstellenbesetzungsgesetzes

.....
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VII. Übergangs- und Schlussbestimmungen

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§ 33
Ausführungsbestimmungen

Die zur Ausführung dieses Kirchengesetzes erforderlichen Bestimmungen werden vom Landeskirchenrat erlassen.
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§ 34
Inkrafttreten

( 1 ) Dieses Kirchengesetz tritt am 1. Januar 1986 in Kraft.
( 2 ) Alle diesem Kirchengesetz entgegenstehenden Bestimmungen werden mit Ablauf des 31. Dezember 1985 aufgehoben, insbesondere
  1. das Kirchengesetz vom 22. November 1960 über die Vorbildung und Anstellungsfähigkeit der Pfarrer in der Lippischen Landeskirche – Vorbildungsgesetz – (Ges. u. VOBl. Bd. 5 S. 31),
  2. § 96 Buchst. c) und d) des Kirchengesetzes vom 5. Juni 1973 über die dienstrechtlichen Verhältnisse der Pfarrer in der Lippischen Landeskirche – Pfarrerdienstgesetz – (Ges. u. VOBl. Bd. 6 S. 65).
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§ 35
Übergangsbestimmung

.....
Detmold, den 11. Dezember 1985
Der Landeskirchenrat

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1 ↑ Entsprechend dem Vertrag zwischen der Lippischen Landeskirche und dem Land Nordrhein-Westfalen vom 6. März 1958 (Artikel 9) sind in der Regel 6 Semester an einer deutschen Universität zu studieren.Der Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich mit seinem Schreiben vom 18. August 1981 damit einverstanden erklärt, dass in den Fällen des Art. 9 Abs. 1 und Art. 10 Abs. 1 des Vertrags des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Lippischen Landeskirche vom 6. März 1958 von dem Erfordernis, 6 Semester an einer deutschen Universität zu absolvieren, abgewichen werden kann, wenn der Antragstellende wenigstens 4 Semester evangelische Theologie an einer deutschen staatlichen Hochschule studiert hat.
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2 ↑ Der Text der Verpflichtungserklärung ist abgedruckt unter Nr. 216
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3 ↑ Bei den hier erwähnten Vorschriften handelt es sich insbesondere um die §§ 16, 26–37, 40 bis 42 und 47–49 des Pfarrerdienstgesetzes (Synodalprotokoll vom 21/22. November 1985, S. 44).
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4 ↑ siehe hierzu §§ 3 und 3a des Pfarrerdienstgesetzes (Nr. 200).