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Kirchengesetz über die Pfarrvertretung in der Lippischen Landeskirche
Pfarrvertretungsgesetz (PfarrVG)

Vom 22. November 2011

(Ges. u. VOBl. Bd. 15 Nr. 2 S. 99)

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Die 35. ordentliche Landessynode hat anlässlich ihrer Sitzung am 22. November 2011 das folgende Kirchengesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
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§ 1

Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche verbindet kirchenleitende Organe mit allen Ordinierten und Nichtordinierten zu einer Dienstgemeinschaft. Zur Wahrnehmung der Interessen der Pfarrerinnen und Pfarrer an der rechtlichen Gestaltung ihrer Dienstverhältnisse und an den sie betreffenden Personalangelegenheiten wird eine Pfarrvertretung gebildet. Die Bildung und die Arbeit der Pfarrvertretung sind Ausdruck der vertrauensvollen und partnerschaftlichen Zusammen-arbeit im Rahmen der Dienstgemeinschaft.
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§ 2

Die Pfarrvertretung nimmt die Interessen der ordinierten Theologinnen und Theologen, der Theologinnen und Theologen im Vorbereitungsdienst und der Pfarrerinnen und Pfarrer im Pfarrdienstverhältnis auf Probe wahr.
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§ 3

( 1 ) Wahlberechtigt für die Pfarrvertretung sind Theologinnen und Theologen, die Inhaberinnen und Inhaber von Pfarrstellen sind oder die in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis zur Lippischen Landeskirche stehen.
( 2 ) Nicht wahlberechtigt sind
  1. die Pfarrerinnen und Pfarrer, die beurlaubt sind,
  2. die Pfarrerinnen und Pfarrer, die sich im Ruhestand befinden,
  3. die theologischen Mitglieder des Landeskirchenamtes und des Landeskirchenrates.
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§ 4

( 1 ) Die Mitglieder der Pfarrvertretung üben ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt aus.
( 2 ) Die Vorschriften über die Amtsverschwiegenheit gelten auch für die den Mitgliedern der Pfarr-vertretung in diesem Amt bekanntgewordenen Angelegenheiten. Über die Befreiung von der Schweigepflicht entscheidet der Landeskirchenrat im Einvernehmen mit der Pfarrvertretung. Der Vorschriften des Datenschutzes bleiben unberührt.
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§ 5

( 1 ) Die Pfarrvertretung besteht aus den gemäß § 7 gewählten Mitgliedern. Es werden je eine Stellvertreterin bzw. ein Stellvertreter gewählt.
( 2 ) Wählbar sind alle Theologinnen und Theologen, die gem. § 3 wahlberechtigt sind.
( 3 ) Abweichend von Abs. 2 sind nicht zur Pfarrvertretung wählbar
  1. die Superintendentinnen und Superintendenten und ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter,
  2. Pfarrerinnen und Pfarrer im Wartestand,
  3. Theologinnen und Theologen im Vorbereitungsdienst und Pfarrerinnen und Pfarrer im Pfarrdienstverhältnis auf Probe.
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§ 6

( 1 ) Die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder der Pfarrvertretung werden für die Dauer von vier Jahren gewählt. Die Amtszeit aller Mitglieder beginnt mit der ersten Sitzung der Pfarrvertretung nach der Wahl. Die Pfarrvertretung bleibt solange im Amt, bis eine neue Pfarrvertretung gewählt ist.
( 2 ) Die Mitgliedschaft in der Pfarrvertretung endet vorzeitig, wenn das Mitglied
  1. nicht mehr zu dem in § 3 Abs. 1 genannten Personenkreis gehört,
  2. gemäß § 5 Abs. 2 oder 3 die Wählbarkeit verliert,
  3. die Eigenschaft gem. § 7 Abs. 6 a) oder b) verliert, sofern es für die verlorene Funktion gewählt wurde,
  4. das Amt als Mitglied oder stellvertretendes Mitglied niederlegt.
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§ 7

( 1 ) Das Lippische Landeskirchenamt lädt alle Wahlberechtigten zur Wahl der Pfarrvertretung durch ein Rundschreiben ein. Die Einladung muss vier Wochen vor der Wahl erfolgen und den Termin der Wahl bekanntgeben. Unbeschadet des Abs. 3 sollen die Wahlberechtigten mit der Einladung aufgefordert werden, bis 14 Tage vor dem Wahltermin Kandidatinnen und Kandidaten zu benennen. Die Wahl erfolgt in einer Pfarrversammlung, die im Anschluss an die jährliche amtliche Pfarrkonferenz stattfinden soll.
( 2 ) Die Pfarrversammlung beruft aus ihrer Mitte eine Versammlungsleiterin oder einen Versammlungsleiter zur Leitung der Wahl. Sie bestimmt des Weiteren zwei Beisitzerinnen oder Beisitzer aus dem Kreis der Superintendentinnen und Superintendenten oder ihrer Stellvertreterinnen und Stellvertreter als Wahlleiterinnen oder Wahlleiter. Die Versammlungsleiterin oder der Versammlungsleiter und die zwei Beisitzerinnen oder Beisitzer bilden den Wahlausschuss.
( 3 ) Die Pfarrversammlung gibt durch Zuruf oder schriftlich Vorschläge zur Wahl ab.
( 4 ) Der Wahlausschuss prüft, ob die Wahlvorschläge dem geltenden Recht entsprechen. Er hat zunächst darauf hin zu wirken, dass etwaige Mängel der Wahlvorschläge behoben werden. Die Wahlvorschläge für jeden Wahlgang enthalten die Namen der Vorgeschlagenen in alphabetischer Reihenfolge und sollen mindestens zwei Namen enthalten.
( 5 ) Die Mitglieder der Pfarrvertretung und drei Stellvertreterinnen oder Stellvertreter werden in freier, geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl gewählt.
( 6 ) Es werden drei Vertreterinnen und Vertreter gewählt, die sich folgendermaßen zusammensetzen:
a) zwei Gemeindepfarrerinnen oder Gemeindepfarrer,
b) eine Pfarrerin oder ein Pfarrer, die oder der im Funktionspfarramt tätig ist.
Gleichzeitig werden drei Stellvertreterinnen oder Stellvertreter gewählt. In der Pfarrvertretung muss mindestens eine Vertreterin oder ein Vertreter des reformierten und des lutherischen Bekenntnisses vertreten sein. Als Merkmal zur Bestimmung des Bekenntnisses gilt bei Gemeindepfarrerinnen und Gemeindepfarrern die Zuordnung der Pfarrstelle. Bei Funktionspfarrämtern richtet sich das Bekenntnis nach der Ordination. Bei kombinierten Diensten entscheidet die Zuordnung der Gemeindepfarrstelle.
( 7 ) Über die Wahlvorschläge wird in sechs Wahlgängen in geheimer Wahl abgestimmt:
  1. Wahlgang: Vertreterin oder Vertreter nach Abs. 6 a)
  2. Wahlgang: Stellvertreterin oder Stellvertreter für das im ersten Wahlgang gewählte Mitglied
  3. Wahlgang: Vertreterin oder Vertreter nach Abs. 6 b)
  4. Wahlgang: Stellvertreterin oder Stellvertreter für das im zweiten Wahlgang gewählte Mitglied
  5. Wahlgang: Vertreterin oder Vertreter nach Abs. 6 a)
  6. Wahlgang: Stellvertreterin oder Stellvertreter für das im dritten Wahlgang gewählte Mitglied.
Die Stellvertreterin oder der Stellvertreter muss derselben Konfession angehören wie das Mitglied der Pfarrvertretung, das sie oder er vertreten soll.
Nach jeder Wahl eines Mitglieds bzw. seiner Stellvertretung ist für den folgenden Wahlgang festzustellen, ob die konfessionellen Anforderungen gem. Abs. 6 S. 3 erfüllt sind oder erfüllt werden können. Die Kandidatur ist gegebenenfalls auf die noch nicht vertretenen Bekenntnisse zu beschränken. Finden sich keine Kandidatinnen oder Kandidaten des bisher nicht vertretenen Bekenntnisses oder der bisher nicht vertretenen Bekenntnisse, findet die Wahl ohne Rücksicht auf das Bekenntnis statt.
Eine Briefwahl findet nicht statt. Je Wahlgang darf auf dem Stimmzettel höchstens ein Name angekreuzt bzw. genannt werden. Die unbeobachtete Kennzeichnung der Stimmzettel ist zu gewährleisten. Körperlich behinderte Wahlberechtigte können sich einer Person ihres Vertrauens bedienen.
( 8 ) Nach Beendigung jedes Wahlgangs stellt der Wahlausschuss unverzüglich fest, wie viele Stimmen auf die einzelnen Vorgeschlagenen entfallen sind und ermittelt ihre Reihenfolge nach der Stimmenzahl. Das Ergebnis ist in einem Protokoll festzuhalten, das vom Wahlausschuss zu unterzeichnen und dem Landeskirchenamt zuzuleiten ist. Die Auszählung der Stimmen ist für die Wahlberechtigten öffentlich.
( 9 ) Als Mitglieder der Pfarrvertretung und Stellvertreterinnen und Stellvertreter sind die Vorgeschlagenen gewählt, auf welche die meisten Stimmen entfallen. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.
( 10 ) Ungültig sind Stimmzettel,
  1. auf denen mehr als ein Name angegeben worden ist oder aus denen sich der Wille der Wählerin oder des Wählers nicht zweifelsfrei ergibt,
  2. die einen Zusatz enthalten.
( 11 ) Der Wahlausschuss gibt das Wahlergebnis unverzüglich dem Landeskirchenamt und den Wahlberechtigten in geeigneter Weise bekannt und benachrichtigt die Gewählten schriftlich. Die Wahl gilt als angenommen, sofern sie nicht binnen einer Woche nach Zugang der Benachrichtigung dem Wahlausschuss gegenüber schriftlich abgelehnt wird. Wird die Wahl abgelehnt, tritt an die Stelle der oder des Gewählten die Stellvertreterin oder der Stellvertreter. Neue Stellvertreterin oder Stellvertreter wird die oder der Vorgeschlagene aus dem Wahlgang für die Wahl der Stellvertretung mit der nächst niedrigeren Stimmenzahl.
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§ 8

( 1 ) Das Landeskirchenamt lädt die Pfarrvertretung unverzüglich nach Ablauf der Frist des § 7 Abs. 1 S. 2 zur ersten Sitzung ein. Die Sitzung wird von ihrem dienstältesten Mitglied geleitet, bis die Pfarrvertretung aus ihrer Mitte die Vorsitzende oder den Vorsitzenden und die stellvertretende Vorsitzende oder den stellvertretenden Vorsitzenden gewählt hat.
( 2 ) Nach dem ersten Zusammentreten der Pfarrvertretung gibt das Landeskirchenamt die Zusammensetzung per Rundschreiben bekannt. Dies gilt entsprechend bei einer Ergänzung der Pfarrvertretung.
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§ 9

( 1 ) Scheidet ein Mitglied der Pfarrvertretung aus, rückt die Stellvertreterin oder der Stellvertreter gem. § 7 Abs. 9 nach. Für die Stellvertreterin oder den Stellvertreter rückt die oder der Vorgeschlagene aus dem Wahlgang für die Wahl der Stellvertretung mit der nächst niedrigeren Stimmenzahl nach.
( 2 ) Die Amtszeit der nachgewählten Mitglieder endet mit der Amtszeit der anderen Mitglieder der Pfarrvertretung.
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§ 10

( 1 ) Für die Geschäftsführung der Pfarrvertretung gilt die Geschäftsordnung für die Landessynode, Organe und Gremien der Landeskirche, Klassen und Kirchengemeinden der Lippischen Landeskirche entsprechend, soweit in diesem Kirchengesetz nichts anderes bestimmt ist.
( 2 ) Die oder der Vorsitzende bzw. die oder der stellvertretende Vorsitzende des Lippischen Pfarrvereins kann auf Einladung der Pfarrvertretung als Gast mit beratender Stimme an den Sitzungen der Pfarrvertretung teilnehmen.
( 3 ) Die durch die Tätigkeit der Pfarrvertretung entstehenden notwendigen Kosten trägt die Landeskirche nach Maßgabe des landeskirchlichen Haushaltes.
( 4 ) Die oder der Vorsitzende der Pfarrvertretung ist von ihrer oder seiner dienstlichen Tätigkeit freizustellen, wenn und soweit es nach Umfang und Art der Dienststelle zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Für Vertretungen ist im Rahmen der allgemeinen Regelungen Sorge zu tragen.
( 5 ) Die zur Ausübung des Amtes als Mitglied oder stellvertretendes Mitglied der Pfarrvertretung erforderlichen Reisen sind Dienstreisen. Sie bedürfen der Genehmigung durch das Landeskirchenamt.
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§ 11

( 1 ) Die Pfarrvertretung hat das Recht, sich in allgemeinen Fragen, die den Dienst und die rechtliche Stellung der Theologinnen und Theologen betreffen, mit Anträgen an das Landeskirchenamt und den Landeskirchenrat zu wenden. Die Pfarrvertretung hält einmal jährlich eine Pfarrversammlung ab. Diese soll im Anschluss an die amtliche Pfarrkonferenz stattfinden.
( 2 ) Der Landeskirchenrat beteiligt die Pfarrvertretung bei der Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen, die die Dienstverhältnisse der Theologinnen und Theologen betreffen. Die Zuständigkeit anderer Gremien bleibt unberührt.
( 3 ) Die Pfarrvertretung führt mindestens zweimal jährlich ein Gespräch mit dem Landeskirchenrat oder dem Landeskirchenamt.
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§ 12

( 1 ) Die Pfarrvertretung ist auf Antrag der betroffenen Person bei folgenden Personalangelegenheiten zu hören:
  1. Abberufung oder Versetzung in den Wartestand,
  2. vorzeitige Versetzung in den Ruhestand ohne Antrag,
  3. ordentliche Kündigung des Angestelltenverhältnisses; die Beteiligung der Mitarbeitervertretung nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz bleibt davon unberührt;
  4. Entlassung ohne Antrag oder Ausscheiden aus dem Dienst,
  5. Beendigung des Pfarrdienstverhältnisses auf Probe,
  6. Versagung der Genehmigung zur Übernahme einer Nebentätigkeit,
  7. Versetzung auf eine andere Stelle, soweit nicht das Dienstrecht eine Versetzbarkeit ohne besondere Voraussetzungen vorsieht,
  8. bei Gewährung oder Versagung von Beihilfen, Unterstützung und sonstigen Zuwendungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht,
  9. in Disziplinarverfahren, Lehrbeanstandungsverfahren und bei außerordentlichen Kündigungen von Angestelltenverhältnissen.
( 2 ) Erhebt die Pfarrvertretung in einer in Abs. 1 genannten Personalangelegenheit Einwendungen, so hat das Landeskirchenamt die beabsichtigte Maßnahme mit der Pfarrvertretung auf deren Verlangen mit dem Ziel einer Verständigung mündlich zu erörtern. Das Landeskirchenamt hat über dieses Gespräch ein Protokoll zu führen, das dem Landeskirchenrat vorzulegen ist.
( 3 ) Kommt keine Einigung zustande, ist der Pfarrvertretung eine angemessene Frist zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme einzuräumen. Diese ist zusammen mit dem Protokoll gemäß Abs. 2 S. 2 dem Landeskirchenrat für dessen Beratungen vorzulegen. Der Landeskirchenrat beschließt in eigener Verantwortung und gibt der Pfarrvertretung die Entscheidung unter Angabe der Gründe bekannt.
( 4 ) Jede wahlberechtigte Theologin und jeder wahlberechtigte Theologe hat das Recht, ein Mitglied der Pfarrvertretung zu Dienst- oder Personalgesprächen hinzuzuziehen.
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§ 13

( 1 ) Schwerbehinderte Pfarrerinnen und Pfarrer haben das Recht, eine Vertrauensperson sowie eine Stellvertretung zu wählen.
( 2 ) Das Nähere zum Verfahren und zur Durchführung regelt der Landeskirchenrat.
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§ 14

Der Landeskirchenrat kann Ausführungsbestimmungen zu diesem Kirchengesetz erlassen.
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§ 15

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.