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Rahmenvereinbarung für die Seelsorge der evangelischen und katholischen Kirchen in Kliniken, in denen strafrechtsbezogene Unterbringung vollzogen wird, in Nordrhein-Westfalen
(Kliniken der forensischen Psychiatrie)

vom 23. November 2023

(Ges. u. VOBl. Bd. 18 Nr. 5 S. 134)

Änderungen
Lfd.
Nr.
Änderndes Recht
Datum
Fundstelle
Paragrafen
Art der
Änderung
1
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Der Landeskirchenrat hat in seiner Sitzung am 7. November 2023 die Rahmenvereinbarung für die Seelsorge der evangelischen und katholischen Kirchen in Kliniken, in denen strafrechtsbezogene Unterbringung vollzogen wird, in Nordrhein-Westfalen (Kliniken der forensischen Psychiatrie) beschlossen, deren Wortlaut nachfolgend bekanntgegeben wird:
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Rahmenvereinbarung für die Seelsorge der evangelischen und katholischen Kirchen in Kliniken,
in denen strafrechtsbezogene Unterbringung vollzogen wird, in Nordrhein-Westfalen
(Kliniken der forensischen Psychiatrie)

zwischen
dem Land Nordrhein-Westfalen,
vertreten durch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales,
(im Folgenden: Land)
und
der Evangelischen Kirche im Rheinland,
der Evangelischen Kirche von Westfalen
und der Lippischen Landeskirche,
alle vertreten durch den Beauftragten der evangelischen Landeskirchen
bei Landtag und Landesregierung von Nordrhein-Westfalen,
den (Erz-)Diözesen Köln, Paderborn, Münster, Aachen und Essen,
alle vertreten durch
den Direktor des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen
(im Folgenden: Kirchen)
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Präambel

Das Land und die Kirchen in Nordrhein-Westfalen unterstreichen die Bedeutung der Seelsorge in Kliniken der forensischen Psychiatrie als ein gemeinsames Anliegen von Staat und Kirche.
Die folgenden Rahmenbedingungen berücksichtigen gleichermaßen die nach dem Grundgesetz und der Landesverfassung geschützte Religionsfreiheit der untergebrachten Personen und die Rechte der Religionsgemeinschaften nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 141 WRV, Art. 20 Landesverfassung NRW.
Darüber hinaus geben die Regelungen im nordrhein-westfälischen Gesetz zur Durchführung strafrechtsbezogener Unterbringungen in einem psychiatrischen Krankenhaus und einer Entziehungsanstalt in Nordrhein-Westfalen (Strafrechtsbezogenes Unterbringungsgesetz NRW – StrUG NRW) den rechtlichen Rahmen der Beziehungsgestaltung vor. Dies gilt insbesondere für die Regelungen zum Datenschutz und zum Beicht- und Seelsorgegeheimnis. Die gesetzlichen Bestimmungen bilden somit den Handlungsrahmen, der sich in Einzelfällen auch einschränkend auswirken kann.
Zur Stärkung der inhaltlichen Ausgestaltung der Beziehung zwischen den Kliniken und den Kirchen verständigen sich Land und Kirchen auf folgende Rahmenbedingungen.
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Artikel 1
Seelsorge in den Kliniken

( 1 ) Das Land gewährleistet den Kirchen die Ausübung ihrer Seelsorge in den Kliniken.
( 2 ) Die Seelsorge obliegt den Kirchen in eigener Zuständigkeit.
( 3 ) Die Kirchen berufen als Seelsorgende geeignete Personen für den Dienst im Haupt- und Nebenamt. Diese üben ihr Amt im Auftrag und unter der Fach- und Dienstaufsicht der Landeskirchen oder (Erz)-Diözesen aus.
( 4 ) Seelsorgende sind in der Regel Pfarrerinnen und Pfarrer, Priester, Prädikantinnen und Prädikanten, Diakoninnen, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferentinnen oder Pastoral- und Gemeindereferenten.
( 5 ) Die Kirchen informieren die Kliniken darüber, welche Personen von ihnen für die Aufgaben der Seelsorge bestellt werden.
( 6 ) Die Klinik hat das Recht, von den Kirchen die Entbindung eines Seelsorgenden von seinen / ihren Aufgaben zu fordern, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer der Klinik unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung aller Interessen die Aufgabenwahrnehmung nicht zugemutet werden kann, da das Vertrauensverhältnis erheblich gestört ist (insbesondere durch Verletzung von Sicherheitsbelangen der Einrichtung oder Gefährdung der Therapie von untergebrachten Personen).
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Artikel 2
Aufgaben der Seelsorge

( 1 ) Zu den vorrangigen Aufgaben der Seelsorge gehören:
  1. Regelmäßige Gottesdienste, insbesondere an Sonn- und kirchlichen Feiertagen,
  2. Spendung und Feier der Sakramente,
  3. Vornahme sonstiger Kasualien,
  4. seelsorgliche Gespräche mit untergebrachten Personen, einzeln oder in Gruppen in geeigneten Räumen im Klinikbereich,
  5. Durchführung von Besuchen aus seelsorglichen Gründen,
  6. seelsorglicher Beistand und karitative Hilfe für die untergebrachten Personen und deren Angehörige in Partnerschafts-, Ehe- und Familienangelegenheiten und in Lebenskrisen,
  7. Krankenseelsorge,
  8. religiöse Unterweisung und sonstige Hilfen zur Persönlichkeitsbildung,
  9. Seelsorge und Angebote für Mitarbeitende in den Kliniken.
( 2 ) Die Klinik kann darüber hinaus die Seelsorgenden an ethischen Beratungsprozessen beteiligen. Hierbei sind datenschutzrechtliche Bestimmungen zu beachten.
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Artikel 3
Rechte der Seelsorgenden

Die Seelsorgenden haben das Recht,
  1. alle untergebrachten Personen aus seelsorglichen Gründen zu besuchen,
  2. untergebrachte Personen ihres eigenen Bekenntnisses umfassend zu betreuen,
  3. untergebrachte Personen anderer Konfessionen auf deren Wunsch und im Benehmen mit dem zuständigen Seelsorgenden dieser Konfession zu betreuen,
  4. untergebrachte Personen auch ohne religiöses Bekenntnis auf deren Wunsch zu betreuen,
  5. nach vorheriger Absprache mit der Klinikleitung zur Mitarbeit in der Seelsorge qualifizierte ehrenamtliche Personen einzusetzen,
  6. auf das Angebot der Seelsorge in geeigneter Form (z.B. Aushänge auf den Stationen) aufmerksam zu machen.
Für die oben genannten Aufgaben ist ihnen der freie Zugang (z.B. durch Schlüssel / Transponder) zu ermöglichen, sofern keine Sicherheitsbedenken dagegen bestehen.
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Artikel 4
Weitere über die Seelsorge hinausgehende Aufgaben

Darüber hinaus können Seelsorgende auch folgende Angebote unterbreiten:
  1. Gruppenarbeit, Kurse und Mitwirkung bei der Freizeitgestaltung,
  2. Mitwirkung bei der Durchführung von Ausführungen oder Ausgängen der untergebrachten Personen,
  3. Durchführung von und Mitwirkung an Feiern,
  4. Kontaktaufnahme zu den Angehörigen oder sonstigen Bezugspersonen der untergebrachten Personen und ihren Kirchengemeinden.
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Artikel 5
Beicht- und Seelsorgegeheimnis

Das Beicht- und das Seelsorgegeheimnis sind zu wahren.
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Artikel 6
Organisatorische Voraussetzungen für die Tätigkeit von Seelsorgenden

( 1 ) Die Seelsorgenden sind über das Sicherheitskonzept der Klinik zu informieren, das für sie verbindlich ist. Die von der Klinik zur Dienstausübung vorgehaltenen, nötigen organisatorischen Voraussetzungen sind zu beachten. Hierzu gehören insbesondere:
  1. Aushändigung und Gebrauch eines Personennotrufgerätes in gesicherten Bereichen der Klinik,
  2. Regelmäßige Rücksprache mit der Klinikleitung,
  3. Mitteilungen der Zugänge und Entlassungen von untergebrachten Personen evangelischer oder katholischer Konfession unter Bekanntgabe der Personalien, falls die untergebrachten Personen der Weitergabe der Daten zugestimmt haben,
  4. selbstständiger Zugang zu den untergebrachten Personen, soweit dieser nicht durch besondere Regelungen des Vollzuges eingeschränkt werden muss,
  5. Ermöglichung des Kontaktes zwischen untergebrachten Personen und den Seelsorgenden, von Seelsorgegesprächen in geeigneten Räumen (Seelsorgegeheimnis) sowie von Besuchen im Dienstzimmer der Seelsorgenden,
  6. Zeitnahe Information über besondere Vorkommnisse, soweit diese für die seelsorgliche Tätigkeit von Bedeutung sind. Die datenschutzrechtlichen Bestimmungen sind hierbei zu beachten,
  7. Aufnahme der Gottesdienste und anderer Veranstaltungen in das Veranstaltungsprogramm der Klinik nach Rücksprache mit der Seelsorgenden sowie Zulassung der untergebrachten Personen zur Teilnahme,
  8. Zuteilung geeigneter Räume für die Veranstaltungen der Seelsorge in den Kliniken.
( 2 ) Die Seelsorgenden haben Anspruch auf ein Dienstzimmer mit der standardmäßigen Büroausstattung. Die Klinik kann den Seelsorgenden verschiedener Konfessionen ein gemeinsames Dienstzimmer zur Verfügung stellen. Das Dienstzimmer soll über ein Telefon mit Außenverbindung und einen Dienstcomputer verfügen und dient auch der Aufbewahrung kultischer Gegenstände.
( 3 ) Der telefonische Anschluss erfolgt unter Ausschluss der Überwachung der ein- und ausgehenden Gespräche und elektronischen Nachrichten, um den Schutz des Seelsorge- und des Beichtgeheimnisses zu gewährleisten.
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Artikel 7
Salvatorische Klausel

Die Vertragsschließenden werden bei einem in der Zukunft auftretenden Konflikt über die Auslegung einer Bestimmung dieser Vereinbarung nach einer einvernehmlichen Lösung suchen.
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Artikel 8
Inkrafttreten

Diese Vereinbarung tritt mit dem Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft.
Düsseldorf, den 23. November 2023
Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales
Karl-Josef Laumann, MdL
Der Beauftragte der Evangelischen Kirchen
bei Landtag und Landesregierung von Nordrhein-Westfalen
Rüdiger Schuch
Direktor des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen
Dr. Antonius Hamers